Photography
Vanessa Basilio de Luca
Vanessa Basilio de Luca
Photography
Produktionsjahr: 2019Christoph Lahusen

Es ist schon spät, als alle um den Platz des zu Hängenden stehen. Ehrfürchtig blicken die vielen Gesichter von vielen Seiten auf die Gesichter in der Mitte. Allmählich keimt ein Gefühl von Ewigkeit auf, das den Raum flutet und die letzten Stunden in Zeitlosigkeit aufgehen lässt. Die Geschichte von wenigen, durch Sprache und Körper erzählt, wird zur Geschichte derjenigen, die das Spektakel angeblich nur mit den Augen sehen. Schließlich hält alles den Atem an. Die Spielerinnen und Spieler wissen, was nun folgt und können doch nicht glauben, was gerade passiert. Der reitende Bote kommt und rettet die Figur, die es verdient hätte vom Schicksal verschlungen zu werden: Mackie Messer geht als freier Mann.
Vanessa guckt leicht nach unten und hält die Augen geschlossen. Vanessa legt den Kopf in die Hände und lacht. Ihre Augen sind geschlossen.
Die Reise eines Spiels
Eine Geschichte zu erzählen mit dem Körper und Geist ist eine Königsdisziplin, in der selbst Altehrwürdige ihren Abgründen entgegenblicken. Den eigenen Körper als Instrument zu erkennen und zu lieben, wie er ist, erfordert Mut, Leiden und die Kontrolle eines Geistes im rechten Augenblick.
Vanessa sitzt vor einem Schrank. Sie freut sich. Ihre Hände sind an ihren Wangen. Sie hat den Mund weit geöffnet und kreischt vor Glück. Das Foto ist in schwarz-weiß. Auf diesem Bild spielt Vanessa eine Basisemotion nach. Sie tut so, als müsste sie würgen. Das Foto ist schwarz-weiß. Auf dem schwarz-weiß Foto sitzt Vanessa an einem Schrank und blickt betrübt nach rechts unten. Vanessa sitzt vor einem Schrank. Vanessa schreit vor Wut. Das Foto ist schwarz-weiß. Vanessa sitzt vor einem Schrank. Sie sieht in die Kamera. Ihre Augen sind aufgerissen. Sie wirkt überrascht. Ihre Hand ist an ihrer Wange. Das Foto ist schwarz-weiß. Vanessa sitzt an ihrem Schrank. Sie hat die Augen geschlossen und sieht zufrieden aus. Sie hat den Mund ganz leicht geöffnet. Das Foto ist schwarz-weiß.
Vanessa und ich sitzen in ihrer Wohnung und ich überlege mir, welche Bilder wir aufnehmen können. Sicherlich habe ich mir vorher schon Gedanken gemacht, aber die Präsenz der zu fotografierenden Person kann alles in ein anderes Licht tauchen. Der Wunsch, Emotionen eines Menschen authentisch aufzunehmen, ist naiv und doch möchte ich es versuchen.
Wir alle gehen irgendwo hin.
Vanessa verschränkt ihre Arme und legt sie auf ihre Knie. Das Foto ist schwarz-weiß.
Vanessa ist frisch gebackene Theaterpädagogin BuT®. Fast fünf Jahre harte Arbeit, Blut, Schweiß und Tränen spannen sich und müssen eine Energie freigeben, die weder durch Körper noch gesprochene Sprache wiederzugeben ist.
Vanessa blickt überrascht in die Kamera. Sie sitzt vor einer Wand. Ihr Mund ist leicht geöffnet. Das Foto ist schwarz-weiß. Vanessa sitzt vor einer Wand. Sie guckt direkt in die Kamera. Sie hat den Mund ganz leicht geöffnet. Das Foto ist schwarz-weiß. Vanessa sitzt vor einer Wand und blickt geradewegs in die Kamera. Sie lächelt und sieht zufrieden aus. Das Foto ist in schwarz-weiß.
Einen Schritt nach dem anderen – Von von Kleist und Basilio de Luca
Heinrich von Kleist hat bereits 1805 über die Kunst des Sprechdenkens geschrieben. Das Überwinden einer ersten Barriere zur Erschaffung von etwas Neuem ist ein Handwerk, das Leidenschaft und Angst bindet. Wenn Vanessa erzählt wird mir deutlich, dass hinter jeder leicht wirkenden Geste, hinter jedem Wort und hinter jedem Bild, hinter jedem Abschluss einer Ausbildung, ein erster Anstoß steht.
Vanessa sitzt an einer Wand und blickt leicht nach unten. Sie sieht traurig aus. Es ist nur eine Hälfte des Körpers zu sehen. Das Foto ist in schwarz-weiß.
In Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden beginnt ein Erzähler mit einem Satz ohne großen Inhalt. Diesem Satz folgen weitere, dann Abschnitte, die zu Paragraphen werden. Schließlich lässt sich in der Mitte des Textes nicht mehr der Anfang erahnen. Der Inhalt von Kleists Text steht nicht im Vordergrund. Viel mehr beschreibt Kleist in seiner Grammatik und Schreib-Performanz, dass die Angst vor dem Anfang in einem natürlichen Wachsen von Ideen mündet. Auch bei den Fotos erlebe ich, dass die bildlichen Kompositionen verwoben werden mit einer Sprache, die Vanessa und ich jetzt erlernen.
Vanessa steht vor einer Wand im zweiten Drittel des Bildes. Sie guckt in die Kamera.
Was spielen wir uns eigentlich vor?
Vanessa trägt ihre Maske. Sie sieht direkt in die Kamera. Das Licht ist lila. Eine Gesichtshälfte ist zu sehen. Vanessa guckt leicht zur Seite. Sie hat ihre Maske auf. Das Licht ist lila.
Theater ist das echte Leben. Wenn diese These auch nur annähernd einen Rahmen für das Spiel auf einer Bühne setzt, dann ließe sich auch fragen, in welchem Verhältnis die Darstellerinnen und Darsteller zu ihren Figuren stehen. Sind die Figuren Masken, die einmal aufgesetzt schnell wieder gewechselt werden können? Das Verhältnis von Vanessa und ihrer Maske deutet daraufhin, dass auch die Figuren teil des Schauspielers werden. Eine lebende und atmende Beziehung, die so voller Freude, Trauer und Liebe ist, dass sie Welten erschafft. Zugleich ist die Beziehung fragil. Die Zuschauerinnen können beobachten, wie alles fest geglaubte durch ein Gott aus der Maschine zerstört und aufgebaut werden kann. Eine bemerkenswerte Verbindung.
Vanessa guckt direkt in die Kamera. Es ist eine Gesichtshälfte zu sehen. Sie hat ihre Maske auf. Vanessa hält sich ihre Maske an das Gesicht bei rotem Licht. Ihre Augen sind geschlossen. Das Foto zeigt eine Gesichtshälfte.
Präsenz und Performanz
Es sind Doppelbelichtungen von Portraits zu sehen. Vanessa nimmt verschiedene Posen ein. Zusammen ergeben diese Fotos die Illusion einer Bewegung.
Tänzerinnen und Tänzer beherrschen Schritte und Bewegungen. Eine Kamera kann versuchen, diese Bewegungen aufzuzeichnen. Mit langen Belichtungszeiten verschwimmen die einzelnen Abläufe zu einer großen Performance.
Verfremdungseffekte – Alles ist Bühne
Der kleine Hey ist ein Buch über das Sprechen. Vom Musikpädagogen und Gesangslehrer Julius Hey konzipiert gibt das Buch ein Instrumentarium von Techniken an die Hand, um das Sprechen eines Schauspielers zu schärfen. Die Übungen aus dem Buch betonen die Wichtigkeit des ganzen Körpers beim Sprechen. Wir sind ein Korpus und funktionieren als Resonanzkörper. Das Sprechen ist etwas Ganzheitliches.
Vanessa sitzt in ihrem Zimmer vor ihrem Sofa und blickt aus der Bildmitte direkt in die Kamera.
Während Vanessa und ich eine Bildsprache entwickeln, merke ich, wie ähnlich die Herangehensweise an unsere Arbeit beschrieben werden kann. Während Vanessa im Spiel ihre Techniken durch den ganzen Körper laufen lässt, kommt es mir so vor, als würde die Welt auf ihre Bewegungen reagieren. Wenn ich fotografiere, spüre ich auch eine Bewegung von außen, die sich mit dem Bild irgendwann im Takt zu bewegen scheint. Ob ein für mich gutes Foto herauskommt oder nicht, ist zum Teil abhängig von einer Phase eines inneren und äußeren Gleichschritts.
Vanessa ist auf einem Metallgerüst und blickt nach unten. Sie ist im ersten Bilddrittel. Vanessa hat sich auf zwei Metallstreben gehangelt. Sie hält sich fest und blickt nach links.
Vanessa sitzt auf ihrem Bett und guckt leicht nach links. Sie hat ihre Hände stützend auf die Decke gelegt.
Vanessa Basilio de Luca – Theaterpädagogin & Schauspielerin
Vanessa blickt in die Kamera. Sie sieht konzentriert aus. Sie hat die Hände auf ihrem Bein.
Zu sagen, dass Vanessa eine außerordentliche Schauspielerin und Theaterpädagogin ist, wird ihrem Handwerk, ihrer Biografie und ihrer Person nicht gerecht. Es kann nur ein Anfang einer großartigen Geschichte sein. Wer mehr über Vanessa und ihre Arbeit erfahren möchte, sollte ihre Internetseite aufsuchen.
https://vanessabasiliodeluca.wordpress.com
Vanessa hält eine Maske in die Mitte des Bildes. Ihre Hand hält diese fest. Sie selbst ist nicht zu sehen.
Gallerie
Danke Vanessa für die Zeit, Muße und Bereitschaft mir etwas von dir zu erzählen. Die einzelnen Bilder des Shootings gibt es hier in der Übersicht.
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